Nachwort, Band 19

Daumenkino Ulysses

James Joyce' Roman Ulysses ist vielleicht der größte Roman des zwanzigsten Jahrhunderts. Er ist umfangreich und vielschichtig, aber auch komisch und rührend. Seine Sprache versucht die Wirklichkeit auf so präzise und einzigartige Weise wiederzugeben, dass jede neue Lesart wieder überraschende Einblicke in das menschliche Gemüt eröffnet. Dieser komplexe Text, für dessen Lektüre man oft mehrere Anläufe benötigt, liegt nun in Form eines Daumenkinos vor. In einem Schnelldurchlauf von jeweils wenigen Sekunden können wir jetzt die achtzehn Kapitel des Ulysses durchqueren. Insgesamt benötigt man zwischen acht bis zehn Minuten, je nachdem, wie schnell der Daumen die einzelnen Blätter loslässt. Nein, gelesen hat man ihn danach nicht, aber durchgekriegt, das schon.

Die Form des Daumenkinos ist naheliegender als es vielleicht auf den ersten Blick erscheinen mag. Der irische Schriftsteller James Joyce ist nämlich nicht nur einer der bedeutendsten Autoren des zwanzigsten Jahrhunderts, er war auch der erste Kinobetreiber Irlands. Er lebte schon längst nicht mehr in seiner Heimat, sondern in Triest, als er sich ein paar reiche Investoren suchte und ihnen mitteilte, er kenne eine Stadt "mit 500 000 Einwohnern und ohne ein einziges Kino"[1]. Diese Stadt war Dublin, das er schon in jungen Jahren verließ, weil es ihm zu katholisch, zu eng, zu unfrei erschien. Die Triestriner Geschäftsleute investierten auch tatsächlich, und der bestürzende Mangel an Kinos in Irland wurde endlich behoben. Das "Volta Filmtheater" öffnete am 20. Dezember 1909 zum ersten Mal seine Tore für zahlendes Publikum. Das Programm umfasste Komödien, Dramen sowie historische und wissenschaftliche Dokumentationsfilme. Die meisten dieser Filme dauerten, wie der Joyce-Experte John McCourt schreibt, "zwischen acht bis zehn Minuten", waren "ohne Ton und mit italienischen, deutschen oder französischen Untertiteln"[2].

Nach nur zwei Wochen als Kinobetreiber kehrte Joyce zu seiner Familie nach Triest zurück und ließ die italienischen Partner in Dublin. Anfangs war das Volta durchaus ein Erfolg. Besonders der Film "Quo Vadis!", ein Drama, das in der Zeit der ersten Christenverfolgungen in Rom spielt, erfreute sich großer Beliebtheit beim Publikum. Trotz bester Kritiken und eines guten Starts hielt sich das Kino nicht länger als sieben Monate. Doch als das Volta schloss, gab es längst andere Kinos in Irland, und auch Dublin war danach nie wieder "ohne ein einziges Kino". Joyce' großer Roman Ulysses war zu jener Zeit noch nicht geschrieben, doch mittlerweile ist klar, dass sich Joyce darin vieler verschiedener kinematografischer Techniken bedient: Montage, Nahaufnahmen, Fade-outs, Zooms oder bestimmte Morphing-Effekte, um nur ein paar Beispiele zu nennen.[3]

Die Künstlerin und Illustratorin Stefanie Clemen und ich, Schriftstellerin und Joyce-Forscherin, greifen dieses Stummfilm-Moment in unserem "Ulysses-Daumenkino in achtzehn Kapiteln" wieder auf. Gerade in einer Zeit, in der man überall um das Anklicken eines Daumen-hoch-Zeichens angefleht wird, erscheint es uns angemessen, etwas zu schaffen, bei dem die eigenen Daumen selbst ganz analog benutzt werden, und das alles auch noch ohne dabei irgendetwas beurteilen zu müssen.

Doch bevor Sie Ihren Daumen wieder freien Lauf durch die achtzehn Daumenkinos gewähren, folgen Sie mir gerne noch auf einem kurzen Gang durch das Leben und Werk von James Joyce und einen Schnelldurchlauf des Ulysses mit einem Peilblick über den Daumen selbst und seine besondere Rolle in Joyce' Roman.

James Joyce wird 1882 in Rathgar, heute ein Teil Dublins, geboren. Im Alter von zweiundwanzig Jahren kehrt er der englischen Kolonie Irland für immer den Rücken und lebt zunächst in Zürich, später in Triest, dann in Paris, und schließlich kehrt er während des Zweiten Weltkriegs in die Schweiz zurück, wo er 1941 an einem Magengeschwür stirbt. Er liegt begraben auf dem Zürcher Friedhof in Fluntern, bei seinen beiden Kindern Giorgio und Lucia, seiner Frau Nora und in der unmittelbaren Nachbarschaft von Elias Canetti.

Schon als sehr junger Mann fing Joyce an, Gedichte zu schreiben. Doch während sich sein lyrisches Werk noch sehr stark aus den Konventionen des neunzehnten Jahrhunderts speist, so ist seine Prosa von Anfang an neu, kühn und experimentell. Seinen Kurzgeschichtenband "Dubliner" veröffentlicht er zwar erst 1914, aber er hatte ihn noch während seiner Zeit in Irland verfasst. Joyce' erster Roman, "Ein Bildnis der Künstlers als junger Mann" erscheint 1916. Den jungen Protagonisten dieses Buchs, Stephen Dedalus, treffen wir im folgenden Roman, Ulysses, wieder, der wahrscheinlich Joyce' bedeutendstes Buch ist. Es beruht, wie der Titel schon andeutet, locker auf Homers Odyssee. Zwischen den beiden Romanen schreibt Joyce noch ein Theaterstück, "Verbannte". Doch auf Ulysses folgt nur noch ein Roman, Finnegans Wake, ein verwirrendes, verrücktes, vielschichtiges, polyglottes und ganz und gar unvergleichliches Werk, das Joyce als Fortsetzungsbuch, als "work-in-progress", veröffentlicht und das er, nach vielen Augenoperationen, nur wenige Jahre vor seinem Tod vollendet.

Doch zurück zu Ulysses. Dieser Roman spielt - wie ein Film oder ein Daumenkino - mit Zeit, Raum und der Zeit im Raum. Das Buch beschreibt einen einzigen Tag in Dublin, den 16. Juni 1904, einen Donnerstag. Doch eigentlich brauchen wir länger, um es ganz durchzulesen. Das Hörbuch der ungekürzten Originalausgabe dauert siebenundzwanzig Stunden und sechzehn Minuten, die Lesung der deutschen Übersetzung sogar über zweiunddreißig Stunden. Doch beim Selberlesen des Romans ergeht es einem manchmal wie Odysseus selbst: Man verirrt sich, schläft ein, bricht ab, macht oft jahrelange Pausen und sagt hinterher, es sei einem etwas dazwischen gekommen, ein Unfall, Gegenwind, Drogen, das Wetter. Oder eine Zauberin hat einen in ein Schwein verwandelt, abwegige Ausreden gibt es genug. Nicht selten erleidet man bei der Lektüre Schiffbruch und muss wieder von vorne beginnen. Doch das ist natürlich längst kein Grund zu verzagen. Odysseus selbst brauchte zwanzig Jahre, um endlich ans Ziel seiner Reise zu gelangen! Da sind einem Leser, die schon beim ersten Anlauf glatt durchkommen, doch fast verdächtig.

Die achtzehn Kapitel sind unterschiedlich lang und variieren immer wieder im Stil und ihrer sprachlichen Technik. Daher gibt es in unserem Ulysses-Daumenkino-Projekt auch achtzehn einzelne Daumenkinos, die sich stilistisch alle ein wenig voneinander unterscheiden und zudem unterschiedlich umfangreich sind. Wir haben uns durchaus die Freiheit genommen, nicht aus dem längsten Kapitel auch das dickste Daumenkino zu machen, sondern uns nach der Sequenz zu richten, für die wir uns entschieden haben. Die Kriterien zur Auswahl einer dieser Sequenzen könnten wir sicherlich gut begründen durch den Grad ihrer Bekanntheit oder Unbekannheit, ihrer Kuriosität, Absurdität und ihrer Sinnlichkeit, insbesondere was das Visuelle betrifft. Aber am Ende haben wir einfach die Stellen herausgesucht, die uns schlichtweg am meisten bewegen. Für eine Umsetzung in bewegte Bilder hielten wir dieses Kriterum für das angemessenste.

Doch zunächst möchte ich Ihnen die Handlung des Ulysses mit seinen Helden und Antihelden noch einmal kurz zusammenfassen oder gegebenenfalls in Erinnerung rufen.

Der junge Künstler Stephen Deadalus wird ergänzt und kontrastiert, beschützt und begleitet von Mister Leopold Bloom, einem jüdisch-irischen Annoncen-Akquisiteur, der verheiratet ist mit Molly Bloom. Molly, von Beruf Sängerin, hat einen Impresario, geht auf Tourneen und führt - nicht nur für die damalige Zeit - ein durchaus freies und unabhängiges Leben. Die Blooms haben eine große Tochter, Milly, die aber gerade eine Ausbildung macht und zur Zeit gar nicht in Dublin wohnt. Millys kleiner Bruder Rudy ist schon als Baby gestorben.

Wir folgen Stephen und Bloom an diesem warmen Sommertag auf ihren langen Spaziergängen durch die Stadt. Manchmal kreuzen sich ihre Wege, manchmal verpassen sie sich knapp. Bei den wenigen flüchtigen Zusammentreffen der beiden grüßen sie sich nicht, wissen jedoch genau, wer der jeweils andere ist. Erst am Ende des Tages kommt es zu einer echten Begegnung. Eine Krise in einem Bordell, eine Rettung, ein freundliches Gespräch, eine Einladung, einen Kakao und ein gemeinschaftliches In-den-Garten-Pinkeln, bevor Stephen wieder in der Nacht verschwindet und Bloom ins Bett geht, um zu schlafen. Dort liegt schon Molly, die am Nachmittag ihren Liebhaber empfangen hat. Bloom weiß es oder ahnt es zumindest, verbietet sich aber immer wieder, darüber nachzudenken. Mit Mollys finalem Bewusstseinsstrom, auch "Mollylog" genannt, endet der Tag und das ganze Buch. Ihr letztes, lebensbejahendes "yes" verbirgt sich schon im Titel des Romans, UlYssES, und sein Echo hallt durch jede Seite, jede Übersetzung, jeden tapferen Lektüreversuch, egal ob er es bis zum letztes yes schafft oder nicht. Denn das Scheitern gehört zu Ulysses wie zu seinem homerischen Vorbild Odysseus. In der Sekundärliteratur wurde die Nähe zur Odyssee zunächst sehr stark betont. Die Leser brauchten etwas, um sich auf diesem ungwöhnlichen Wortmeer zu orientieren. So wurde noch zu Joyce' Lebzeiten ein Schema eingeführt, das jene homerischen Episoden auflistet, auf die sich die achtzehn Kapitel am offensichtlichsten beziehen. Obwohl Joyce es - zumindest anfangs - billigte, ist das Schema nicht unumstritten. Solche Zuweisungen schränken immer die Sicht auf den Text ein, schließlich bezieht sich jedes der Kapitel des Ulysses auch auf andere Stellen innerhalb der Odyssee - aber auch auf eine ganze Menge anderer Bücher.

Der Einfachheit halber, denn Zahlen lassen sich nun einmal schwerer Inhalten zuordnen als Namen, benutze ich die Episodennamen trotzdem. In haarsträubenden Verkürzungen - ich würde es aber vorziehen, sie als "kühn" zu bezeichnen - erkläre ich im Folgenden den Inhalt der einzelnen Kapitel, mit besonderem Augenmerk auf die Sequenz des dazugehörigen Daumenkinos.

Im ersten Kapitel, "Telemachus", sehen wir Stephens Freund Buck Mulligen, der auf der Brüstung eines ehemaligen Wehrturms steht, sich rasiert, eine katholische Messe parodiert und sich über Stephen lustig macht, der hinzukommt und das Gebaren seines Mitbewohners misstrauisch und mürrisch beäugt.

Das zweite Kapitel, "Nestor", zeigt Stephen in der Schule, an der er als Geschichtslehrer arbeitet. Die Schüler sind allerdings gänzlich unbeeindruckt von seinem "Rätsel" über den "Fuchs, der seine Großmutter unter dem Ilexbusch vergräbt". Der Schulrektor Mister Deasy, auf dessen Schreibtisch Muscheln liegen, zahlt ihm dennoch seinen Lohn aus.

Im dritten Kapitel, "Proteus", sehen wir Stephen, der am Meer entlang Richtung Stadtmitte zurückgeht. Er schaut zu, wie die Wellen ihre Gestalt verändern, sieht in ihnen Rösser, Seelöwen, einen Teufel, exotische Pflanzen. Er beobachtet einen Hund auf dem Strand und einen Dreimaster, der sich dem Hafen nähert.

Im vierten Kapitel, "Kalypso", wird uns zum ersten Mal Leopold Bloom vorgestellt, und zwar über seine kulinarische Vorliebe für Nieren und andere innere Organe. Im Laufe des Kapitels kauft, brät und isst er dann auch tatsächlich eine Niere. Er verdaut sie und geht schließlich auf das Plumpsklo im Garten - die zeitgenössische Leserschaft zeigte sich darüber schockiert.

Im fünften Kapitel, "Lotophagen", öffnet Bloom eine Epistel seiner geheimen Brieffreundin Martha, die eine gepresste Blume mit in das Kuvert gelegt hat. Er sinniert über Blumensprache und beschließt, später noch das Türkische Bad zu besuchen. Schon im Vorfeld imaginiert er seinen Penis als "eine schlaffe, flutende Blume".

Im sechsten Kapitel, "Hades", fährt Bloom zusammen mit drei Bekannten in einer Kutsche zur Beerdigung von Paddy Dignam. Auf dem Friedhof schaut sich Bloom die Gräber an und malt sich aus, wie die Toten beim Jüngsten Gericht hastig ihre eigenen Überreste zusammenklauben und zur Auferstehung eilen. Zudem stellt er Überlegungen darüber an, ob es nicht sinnvoll wäre, Särge aufrecht zu beerdigen oder Grammophone auf die Gräber zu stellen, damit sich die Hinterbliebenen bei Bedarf die Stimmen der Toten ins Gedächtnis rufen können.

Das siebte Kapitel, "Äolus", spielt im Verlagsgebäude einer Zeitung. Bloom kommt herein, geht wieder, kommt zurück, geht wieder. Während Blooms zweitem Auftritt unterhält Stephen die anwesenden Herren mit seinem "Gleichnis von den Pflaumen" über zwei alte Dubliner Damen, die auf die Aussichtsplattform der Nelson-Säule steigen. Doch weil das Hinunterschauen sie gruselt, spucken sie am Ende nur die Kerne ihrer mitgebrachten Pflaumen über das Geländer.

Im achten Kapitel, "Lestrigonen", betritt Bloom einen Pub, doch der Anblick all der kauenden, schmatzenden, essenden Männer stößt ihn ab. Er verlässt das Lokal, füttert die Möwen auf der O'Connell-Brücke und bewundert, wie souverän sie zwischen Brotstückchen und Papier unterscheiden können. Später isst er selbst ein Gorgonzola-Sandwich.

Das neunte Kapitel, "Scylla und Charybdis", spielt in der Irischen Nationalbibliothek. Stephen hält einen spontanen Kurzvortrag über seine Shakespeare-Theorie, nach der durch "Weben und Entweben" angeblich klar werde, dass der Geist von Hamlets Vater der Autor Shakespeare selbst sei und Prinz Hamlet somit Shakespeares eigener, früh verstorbener Sohn Hamnet. Erneut kreuzen sich Blooms und Stephens Wege, und sie wechseln einen kurzen Blick, aber kein Wort.

Das zehnte Kapitel, "Irrfelsen", ist voll von Leuten, die kurz durchs Bild huschen, bisweilen später noch einmal auftauchen, manchmal aber auch nicht. Einer derjenigen, denen wir noch an anderer Stelle begegnen, ist der einbeinige Seemann, der singend auf den Straßen um Geld bettelt. Ein weißer Frauenarm - wahrscheinlich Mollys - wirft Münzen aus einem Schlafzimmerfenster zu ihm hinunter.

Das elfte Kapitel, "Sirenen", hallt von den unterschiedlichsten Klängen wider. Es spielt in der Ormond Bar, wo Bloom ein Glas Burgunder trinkt und den Gesangsdarbietungen zweier Gäste lauscht. Eine der Bardamen, Lydia Douce, wird von zwei anderen Gästen dazu gedrängt, ihren Rock hochzuschieben und den elastischen Strumpfhalter auf ihren nackten Oberschenkel klatschen zu lassen, ein erotisches Schauspiel, dass besonders den einen Zuschauer, Blazes Boylan, in Stimmung bringt. Er wird kurz darauf zu einem Rendez-Vous mit Molly Bloom aufbrechen, und Leoplod Bloom, der Boylan beim Zusehen zusieht, weiß darum.

Das zwölfte Kapitel, "Zyklopen", wird zunächst vom "Bürger" dominiert, einem irischen Nationalisten und Antisemiten. Bloom lässt sich durch dessen aggressiven Wortschwall, so größenwahnsinnig und einäugig wie der Polyphem aus Homers Odyssee, weder einschüchtern noch aufbringen. Als Bloom sich unbeeindruckt von ihm abwendet, wirft der Bürger in ohnmächtiger Wut eine leere Keksdose nach ihm - und verfehlt ihn.

Im dreizehnten Kapitel, "Nausikaa", befinden wir uns wieder am Strand. Eine verträumte, junge Frau, Gerty McDowell, sitzt auf einem Stein und lässt halb bewusst, halb unbewusst einem "dunklen Fremden" freie Sicht auf alles, was sich unter dem Rock ihres Sommerkleids verbirgt. Während jener Fremdling, der kein anderer ist als Bloom, masturbiert, tun beide so, als schauten sie dem Feuerwerk zu. Als alles vorbei ist, steht Gerty auf, geht weg, und Bloom bemerkt, dass sie "lahmt".

Das vierzehnte Kapitel, "Die Rinder des Helios", spielt in der Geburtsklinik in Holles Street. Stephen Dedalus und eine Gruppe Männer kommen nach und nach dort zusammen, vorgeblich, um auf die Geburt von Mrs Purefoys Baby zu warten, in Wahrheit aber, um zu trinken. Draußen ballt sich ein Unwetter zusammen. Schließlich reißen die schweren Wolken auf, ein heftiger Regenschauer stürzt herab, und Mina Purefoy gebiert einen Sohn. Die Sprache dieses Kapitels imitiert und parodiert die Entwicklung der Englischen Literatur vom Mittelalter bis in Joyce' Zeit als eine Art Schwangerschaft, an deren Ende natürlich der Ulysses selbst steht.

Das fünfzehnte Kapitel, "Kirke", hat die Form eines surrealistischen Theaterstücks, oder - wenn man sich die langen Regieanweisungen genauer ansieht - eines Drehbuchs. Es spielt im Bordell von Bella Cohen. Mittlerweile ist es Nacht, und das Rotlichtviertel wacht auf. In einer der vielen halluzinatorisch anmutenden Szenen wird Bloom von Bella, einer Domina mit männlichen Zügen, in ein unterwürfiges Schwein mit weiblichen Zügen verwandelt. Hier endlich treffen Stephen und Bloom wirklich aufeinander: Bloom zerrt den betrunkenen Stephen nach draußen, da dieser dabei ist, einen Streit vom Zaune zu brechen, noch dazu mit einem englischen Soldaten.

Im sechzehnten Kapitel, "Eumäus", kehren Stephen und Bloom gemeinsam in einer Hafenspelunke namens "Cabman's Shelter" ein. Dort treffen sie auf den Seemann Murphy, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, ihnen aber dafür die Tätowierung auf seiner Brust vorführt: Den Kopf eines jungen Mannes, der entweder lächelt oder ernst dreinschaut, je nachdem, ob Murphy seine Haut mit den Fingern hochzieht oder nicht.

Im siebzehnten Kapitel, "Ithaka", befinden wir uns wieder in Blooms Küche. Bloom kocht Kakao für Stephen und sich. Die beiden reden, treten hinaus, schütteln sich die Hände und Stephen verschwindet. Bloom verweilt noch kurz im Garten, bevor er zurück ins Haus geht und sich ins Ehebett legt, wo Molly schon schläft.

Im achtzehnten und letzten Kapitel, "Penelope", liegt Molly Bloom kurz vorm Einschlafen, beziehungsweise Wieder-Einschlafen, im Bett und lässt ihren Gedanken freien Lauf. Sie erinnert sich an ihre Kindheit, ihre Männer, ihr Leben mit Bloom und an ihren toten Sohn. Sie sinniert über den Tag, der hinter ihr liegt und den, der kommt. Ihr langer Bewusstseinsstrom endet mit einem großen "yes" zum Leben mit allem, was dazu gehört.

Unsere achtzehn Daumenkinos geben jeweils einen Einblick von wenigen Sekunden in Joyce' Ulysses. Gerade dieses flüchtige Moment ist es jedoch, auf das es uns ankommt: Das Wort "flüchtig" kommt von fliehen und das wiederum ist mit dem Fliegen verwandt. Beim raschen "Flippen" der Seiten überfliegen wir den Roman auf ganz konkrete Weise. Selbst der Fahrtwind wird spürbar im Fächeln der einzelen Blätter. Er erscheint wie das Nachwehen jenes Sturmwindes, den Odysseus auf seiner Irrfahrt aus dem Sack des Äolus lässt, der ihm aber auch oft genug ganz aus den Segeln genommen wird, und der ihn - ebenso wie den Leser des Romans - nach längerer Zeit und vielen Abenteuern doch noch bis nach Hause trägt.

Stefanie Clemen und ich haben es auf ein solches Überfliegen des Ulysses abgesehen. Statt als Leser das Meer der Sprache zu durchqueren, nehmen wir die Fluglinie und überqueren auf bewegten Bildern die irische See, den Strand der Dublin Bay, den Fluss, die Stadt. Stefanie Clemens stiller und doch so ausdrucksstarker, Strich, die kurzen "Kamerafahrten", überraschenden Zooms und unerwarteten Metamorphosen sind weit mehr als eine Illustration, eine Erhellung des Texts. Die Bilder werden selbst zu Lichtquellen, flirrend, changierend, lebendig - ein Effekt, den vielleicht nur mit der Hand gefertigte Zeichnungen hervorbringen können. Stefanie Clemens bewegte und bewegende Sequenzen erinnern an die, ebenfalls analogen, Stummfilme, die James Joyce so gern mochte.

Lange nach der Veröffentlichung des Ulysses ließ Joyce verlautbaren, dass in einer Verfilmung des Buchs Leopold Bloom von Charlie Chaplin gespielt werden sollte. Stefanie Clemens Bilder lassen Chaplins Züge in denen des Alltagshelden Bloom wieder aufschimmern, womit der Wunsch des Schriftstellers fast in Erfüllung geht.

Wenn wir schon von Erfüllung sprechen, können wir uns gleich den erotischen Szenen des Ulysses zuwenden, die besonders stark von kinematografischen Elementen geprägt sind. Pornografie war von Anfang an ein wichtiger Bestandteil der Filmindustrie -

aber auch der "Joyce Industrie". Selbst wenn wir heute nicht mehr ganz nachvollziehen können, warum das Buch seinerzeit für einen Skandal gesorgt hat oder in vielen Ländern - zum Beispiel in Irland - lange Zeit verboten war, so reicht ein Blick in die Forschungsliteratur. Dort finden wir unzählige Aufsätze über Sex, Obszönität, Skatologie, Voyeurismus, Sado-Maso, Syphilis, Sodomie, Nymphomanie und viele Spielarten der Erotik. Die Verdammung eines Buches als "blasphemisch" und "insgesamt unanständig" muss natürlich nicht zwangsläufig Beweis seiner literarischen Qualität sein. Das wäre zu einfach. Aber wenn ein Buch große literarische Qualitäten besitzt, dann ist es aufregend und überaus aufschlussreich zu sehen, auf welch subtile, ja subversive Weise darin menschliche Schwächen erkundet und gesellschaftliche Tabus aufgebrochen werden.

Die Filme, an die sich Leoplod Bloom im Roman erinnert, sind alle erotischer Natur. Sie gehören zur Gattung der "Peeping-Tom-Filme", kurz, direkt und auf den Punkt. [4] Sie haben schlüpfrige Titel wie "Tom der Spanner" oder "Was die Mädchen mit Willies Hut anstellten", wobei im Englischen der Name "Willie" sexuell konnotiert ist. Der Literaturwissenschaftler Austin Briggs zeigt in einem brillianten Aufsatz, das Filme im Ulysses immer stark an erotische Erfahrungen geknüpft sind.[5] Eine andere Joyce-Expertin, Katherine Mullin, weist darauf hin, dass Joyce noch ein weiteres filmisches Phänomen kannte, eng verwandt mit dem Daumenkino: das Mutoskop, einen Münzapparat, der vor allem auf Jahrmärkten, in Vergnügungsparks und Music Halls zu finden war. Sobald man Geld in den Metallkasten gesteckt hatte, musste man sich darüber beugen und von oben hineinsehen. Die Münze löste ein mechanisches Blättern, ein "Flipping" einer Reihe von Bildern aus. Meistens handelte es sich dabei um junge Frauen, die sich die Kleider auszogen, nackt oder halbnackt ein paar Tanzschritte vollführten und sich auf irgendeine Weise exponierten.[6]

Katherine Mullin hat eine mir bis dahin eher obskure Passage des Ulysses wunderbar erhellt, in der ganz offensichtlich auf solch ein Mutoskop angespielt, ja, in der es imitiert wird: In der Lotophagen-Episode, dem fünften Kapitel, erhascht Bloom den Anblick einer Frau in Seidenstrümpfen, die ihn erregt. Doch dann schiebt sich zu seinem Bedauern die Straßenbahn zwischen ihn und das Objekt seiner Begierde.

Watch!
Watch! Silk flash rich stockings white. Watch!
A heavy tramcar honking its gong slewed between.

Lost it. Curse your noisy pugnose. Feels locked out of it. Paradise and the peri. Always happening like that. The very moment. Girl in Eustace street hallway Monday was it settling her garter. Her friend covering the display of. Esprit de corps. Well, what are you gaping at?
Yes, yes, Mr Bloom said after a dull sigh. Another gone.
One of the best, M'Coy said.
            The tram passed. They drove off towards the Loop Line bridge, her rich gloved hand on the steel grip. Flicker, flicker: the laceflare of her hat in the sun: flicker, flick
.[7]

 

Ich zitiere hier auf Englisch, weil sich Hans Wollschläger in der deutschen Übersetzung entschieden hat, "flick" und "flicker" mit "flitz" und "flitzend" zu übersetzen.[8] Das Flitzen wird nicht nur lautmalerisch verwendet, sondern soll wahrscheinlich auch ein erotisches Moment enthalten, wiewohl flitzen an keiner anderen Stelle in Blooms erotischen Fantasien auftaucht. Auch die Dame flitzt nicht, sondern bewegt sich im Gegenteil langsam und voll bekleidet. Es ist ja ihre Wäsche und nicht ihre Nacktheit, die Bloom erregt.

Das englische "to flick" bedeutet schnippen oder anknipsen, meistens einen Lichtschalter. "To flicker" heißt flackern, und sehr oft ist damit ein technisches Flackern gemeint. Als Substantive sind sowohl "flick" wie auch "flicker" umgangssprachliche Wörter für "Film".

Jedenfalls ist Bloom enttäuscht, als ihm die Straßenbahn den Spaß verdirbt. Doch diese flackernden, flimmernden Geräusche am Ende der Passage bleiben seltsam. Auch in der Übersetzung ist klar, dass Bloom diese Geräusche eher denkt als hört. Sie haben nichts mit dem Lärm der Straßenbahn zu tun. Katherine Mullin deutet diese Stelle als ein kinematografisches Element: "'Flicker, flicker ... flicker, flick' suggeriert sowohl das Auslösen einer Kamera als auch das Flackern einer Filmrolle."[9] Bloom ist hier ganz in seinem eigenen Film. Mullins Erklärung leuchtet ein und wird noch bestätigt durch die Tatsache, dass "Daumenkino" auf Englisch nicht nur "flip book" sondern auch "flick book" heißt. In unserem eigenen flippenden Flick Book des Ulysses huldigen wir auf unsere Weise der erotischen Tradition des Films und dem weiblichen Körper, zum Beispiel in "Sirenen", "Nausikaa", "Kirke" und "Penelope".[10]

Da der Daumenkino-Zuschauer auch zugleich Filmvorführer und bei jeder Vorführung körperlich beteiligt ist, möchte ich Sie zum Schluss noch auf einen Exkurs über die Bedeutung des Daumens in Joyce' Ulysses mitnehmen.

Im Volksglauben ist der Daumen als kräftigster Finger schon von jeher mit magischer Bedeutung aufgeladen. Man spricht ihm übernatürliche Kräfte zu, er ist ein Glücksfinger. Der Brauch, jemandem die Daumen zu halten, um ihm Glück zu bringen, spiegelt dies noch heute wider. Der Daumen schützt bei Meineid vor göttlichen Strafen, wenn man ihn beim Schwören rechtzeitig einschlägt. Und einem Schlafenden kann man jedes Geheimnis entlocken, wenn man ihm den Daumen festhält.[11]

Der Daumen spielt auch im Ulysses eine Rolle. Schon gleich im ersten Kapitel lässt der junge Engländer Haines eine silberne Zigarettendose "mit dem Daumen aufspringen" (29) und reicht sie herum. Stephen akzeptiert zwar die Zigarette, nicht aber das Friedensangebot, das damit einhergehen soll. Haines' beiläufige Art, das teure Etui nur mit dem Daumen und ohne Hilfe der anderen Hand aufzumachen, scheint Stephen zu provozieren. Er fühlt sich zugleich unterlegen wie überlegen, eingeschüchtert und umschmeichelt.

Im letzten Kapitel beschreibt Molly, wie ihr Liebhaber Blazes Boylan sein Begehren durch das Pressen ihrer Hand zum Ausdruck gebracht hat. Sie selbst vermittelte ihm die Antwort allein durch das Zurückdrücken seiner Hand "mit dem Daumen"(943).

Auch im Ulysses ist der Daumen also ein Mittel der Kommunikation. Er sagt etwas über jemanden aus und die Figuren drücken etwas mit ihm aus. Das gilt erst recht für unsere heutige Zeit: Neurologen haben entdeckt, dass die menschliche Gehirnstruktur sich zur Zeit sehr stark verändert - und zwar besonders in den Bereichen, die für die Koordination, Sensorik, Mobilität, Geschwindig- und Geschicklichkeit der Daumen zuständig sind. Das Tippen auf winzigen digitalen Tastaturen erfordert ganz neue motorische Fähigkeiten, und die Synapsen und Nervenbahnen müssen für diese neuen Kommunikationswege zwischen Hirn und Daumen fortwährend nachgerüstet werden. Seit Neuestem gibt es im Englischen das Verb "to thumb somebody", jemandem eine SMS schicken.

In Joyce' Roman wird der Daumen nicht zum Tippen verwendet, sondern vor allem um auf Dinge zu zeigen - eine sehr grundsätzliche Art der Kommunikation. Besonders gut lässt es sich mit "dem Daumen nach hinten" zeigen (168), und an anderer Stelle heißt es in der deutschen Übersetzung: "Stephens Daumen schnellte hoch und wies auf das Fenster"(49).

Da der Daumen ja in eine andere Richtung zeigt als der Rest der Finger, hat auch das Zeigen mit dem Daumen etwas Indirektes. Der Zeigefinger, der in diesem Buch auch einige Male erhoben wird, hat eine ganz andere Wirkung. Das Benutzen des Zeigefingers kann aggressiv sein, wenn er direkt auf jemanden gerichtet wird, warnend, übereifrig und manchmal selbstgerecht, wenn man ihn hebt. Der Zeigefinger ist viel "lauter" als der Daumen. Menschen, die ständig mit ihrem Zeigefinger in die Luft stechen, zeichnen sich durch eben das aus, was sie tun: Sie haben etwas Penetrantes. Nicht so der Daumen. Mit dem Daumen zu zeigen ist lässig. Der Daumen richtet sich immer auf das, worauf sich der Rest des Körpers nicht richtet.

In Ulysses werden Daumen auch mal in den Hosenbund, die Anzugsweste und die Hosentaschen gesteckt - Gesten männlichen Selbstbewusstseins. Denn anders als bei den anderen Fingern, gehen auf diese Weise die Ellbogen weiter auseinander, und man steht sofort breiter und bräsiger. Bloom steht nicht so da. Er ist, wie könnte es anders sein, ein wenig anders. Im vierten Kapitel, wo er zum ersten Mal erscheint, steckt sein Daumen im Griff der Teekanne, die er seiner Frau ans Bett bringt. Im siebzehnten Kapitel, wo er zum letzten Mal auftritt, fragt die erzählende Instanz, "[i]n welcher Stellung" die beiden Eheleute im Bett lägen (938). Die Antwort beschreibt erst ausführlich, welche Haltung Molly eingenommen hat und danach, wie Blooms "Zeigefinger und Daumen der rechten Hand auf dem Nasenrücken" ruhen. Das sind keine phallischen Gesten der Macht, zu denen der Daumen auch oft gebraucht wird - ich erinnere an das Daumen-hoch-Signal bei den römischen Gladiatorenkämpfen. Selbst im Schlaf erscheint Bloom kommunikativ und zugewandt, denn Molly wird in dieser Passage als "Zuhörerin" bezeichnet und Bloom als "Erzähler". Die Kreisförmigkeit seiner Stellung spiegelt auch die Selbstreferentialität dieser kurzen Textstelle wider. Indem Bloom Daumen und Zeigefinger auf dem Nasenrücken[12] platziert, bildet er eine Brücke oder auch Schlaufe mit sich selbst. Und keiner wird seinen Daumen nehmen und ihn zum Preisgeben seiner Geheimnisse zwingen können. Er bildet seinen eigenen Kreislauf.

Obwohl es leider keine Daumenregel zur Handhabung und Interpretation des Daumenmotivs in Joyce' Ulysses gibt, so möchte ich doch noch ein Daumen-Phänomen näher betrachten, bei dem es sowohl um den Daumen als auch um das Betrachten geht. Ich meine das Über-den-Daumen Peilen beim Messen von weiten Entfernungen, die Parallaxe. Die Parallaxe kann am einfachsten erklärt werden, indem man seinen Daumen bei gestrecktem Arm vor sich hält und erst das eine, dann das andere Auge zudrückt. Das Abbild des Daumens scheint sich vor dem Hintergrund zu bewegen. Je weiter der Hintergrund entfernt ist, desto größer erscheint die Verschiebung des Daumens. Dieses Phänomen kann beim Messen von Abständen zwischen zwei Sternen (einem näheren und einem weiter entfernten) eingesetzt werden, allerdings empfielt es sich, ein starkes Fernrohr zu benutzen, statt einfach nur ein Auge zuzukneifen.

Im Laufe dieses einen Junitages versucht Bloom immer wieder, sich die astronomische Methode der Parallaxe in Erinnerung zu rufen. Man kann spüren, wie gerne er sie begreifen möchte, doch sie rutscht ihm immer wieder durch, er wird abgelenkt oder verheddert sich in anderen Gedanken.

Trotzdem gibt es viele parallaktische Momente in diesem Roman. Der Joyce-Forscher Hugh Kenner hat herausgearbeitet, dass man im Ulysses oft zwei Mal auf dasselbe Phänomen schaut, wenngleich von verschiedenen Standpunkten aus. Diese können topografisch, zeitlich oder personenbezogen differieren. So wird beispielsweise der einbeinige Seemann von unterschiedlichen Leuten an unterschiedlichen Orten und auf unterschiedliche Weise betrachtet, mal hämisch, mal mitleidig. Die Fußabdrücke, die Stephen am Morgen hinterlassen hat, kommentiert Bloom in der Abenddämmerung. Eine große Regenwolke am Himmel wie auch ein Papierschnipsel im Fluss werden von einer Reihe von Leuten, einschließlich des Erzählers, wahrgenommen, die im Laufe des Tages und des Romans zufällig nach oben oder nach unten blicken. Die Parallaxe wird vom Text selbst praktiziert, am offensichtlichsten im siebzehnten Kapitel, wo es heißt:

Mit welchen Meditationen begleitete Bloom gegenüber seinem Gefährten seine Demonstration der verschiedenen Konstellationen?

Und nach einer langen, grandiosen Passage über alle möglichen astronomischen Himmelserscheinungen erwähnt Bloom unter anderem:

[...] die Parallaxe beziehungsweise die parallaktische Derivation sogenannter Fixsterne, die sich in Wirklichkeit aus unermesslich fernen Äonen in unendlich ferne Zukünfte ewig wandernd fortbewegten, im Vergleich wozu die Jahre, welche dem menschlichen Leben zugeteilt waren, siebzig und wenn es hochkam achtzig, eine Parenthese von infinitesimaler Kürze bildeten.(885)

Im siebzehnten Band unseres Daumenkinos sehen wir Bloom und Stephen, die sich einander unter dem Sternenhimmel die Hand zum Abschied reichen, und zwar exakt im Weltall positioniert, "und die Linien ihrer einander Valet gebenden Arme trafen sich an irgendeinem Punkt und bildeten irgendeinen Winkel, kleiner als die Summe zweier rechter Winkel"(892). Auch die Erzählstimme scheint im Laufe der letzten drei Kapitel zu ermatten, die Angaben sind hier viel weniger exakt als sie klingen. Ein Winkel, der kleiner ist "als die Summe zweier rechter Winkel", ist eine sehr grobe Schätzung. Das Auge, das über den Daumen peilt, ist müde. Bloom ist müde. Und der Leser ist es auch.

Doch bevor die Leser dieses Nachworts ebenfalls müde werden und anfangen, Däumchen zu drehen, möchte ich noch auf ein allerletztes Daumenphänomen im Ulysses hinweisen, mit dem sich vielleicht noch ein Kreis schließt, ähnlich der Pose Blooms mit dem Daumen an der eigenen Nase. Denn "to thumb" ist nicht nur, wie anfangs erwähnt, ein zeitgenössisches Verb, das das Verfassen von Text-Nachrichten bezeichnet, nein, es kommt sogar in Ulysses vor, war nur ein einziges Mal. An dieser Stelle geht es nicht ums Zeigen, Posieren, Urteilen, Verurteilen, nicht ums Messen oder Abschätzen, nicht um Verführung oder um Sterne.

Es geht um ein Buch, ein gebrauchtes und zerlesenes Buch.

Im zehnten Kapitel, der Irrfelsen-Episode, bleibt Stephen "neben dem schiefgestellten Bücherkarren stehen"(337) und blättert in den alten Schinken des Bücherhökers, als ihm eines der Bücher besonders auffällt:

[W]as ist dann das? Achtes und Neuntes Buch Mose. Geheimnis aller Geheimnisse. Siegel des Königs David. Daumenschmierige Seiten: gelesen und gelesen.

Leider erscheint mir Hans Wollschlägers Entscheidung, "thumbed book" mit dem wertenden Ausdruck "daumenschmierige Seiten" zu übersetzen, schon wieder nicht ganz gelungen. Es ist natürlich immer wohlfeil, Übersetzungen zu bekritteln, und ich wüsste selbst auch kein besseres Wort. Vielleicht muss man Ulysses einfach auf Englisch lesen? Natürlich versteht man nicht alles, aber das tut man im Deutschen ja auch nicht. Und wenigstens missversteht man das Buch dann im Original.

Natürlich ist das Wort "gedäumt" keine Alternative, aber für Stefanie Clemen und mich ist ein "thumbed book", das in einem Buch erscheint, das wir in ein Daumenkino übersetzen wollen, wie ein göttlicher Fingerzeig, und es ist unnötig zu sagen, mit welchem Finger Er zeigt.[13] Am Ende steht auch über unserer Übersetzung in bewegte Bilder der Wunsch, dass das Buch "gelesen und gelesen" werden möge, und als Flip Book geht das sogar vorwärts und  rückwärts, oder, wie es in der Proteus-Episode steht, "nacheinander" und "nebeneinander".

 

 

[1] John McCourt (Hg.), Joyce and Cinema, Cork, Cork University Press, 2010, Cork, Seite 2.
[2] John McCourt, S. 5.
[3] John McCourt, S. 5.
[4] John McCourt, S. 8.
[5] Austin Briggs, "'Roll Away the Reel World, the Reel World.': 'Circe' and Cinema", in Coping with Joyce: Essays from the Copenhagen Symposium, hg. von Morris Beja und Shari Benstock, Columbus, Ohio: Ohio State University Press, 1989, S. 145-156.
[6] Katherine Mullin: James Joyce, Sexuality and Social Purity, Cambridge, Cambridge University Press, 2003,
[7] James Joyce, Ulysses, hg. von Hans Walter Gabler, New York, Vintage Books, S. 61.
[8] James Joyce, Ulysses, übersetzt von Hans Wollschläger, Frankfurt, Suhrkamp Verlag, 1981, S. 104. Auf diese Ausgabe beziehe ich mich auch im Folgenden.
[9] Katherine Mullin, S.151.
[10] Hier die Bände 11, 13, 15 und 18.
[11] Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hg. von Hans Bächtold-Stäubli, Berlin, New York, de Gruyter, 1927-1987, Bd. 2, S. 174-175.
[12] Im englischen Original heißt es "bridge of his nose", und die Brücke zeichnet sich dadurch aus, dass sie zwei getrennte Orte miteinander kommunizieren lässt.
[13] Dazu passt auch, dass das göttliche Buch, in dem Stephen blättert, eigentlich gar nicht existiert. Das achte und neute Buch Mose? In den Annotations on Ulysses sagt Gifford, dass die Quelle für dieses Buch unbekannt ist. Das "thumbed book" bleibt so geheimnisvoll wie der versiegelte Inhalt seiner selbst.

Thumbing through Ulysses

James Joyce's Ulysses may be the greatest novel of the 20th century. It certainly is one of the scariest: It is long, winding, complex and avantgarde, which means that it is without a gripping plot and full of difficult words. Now the novel has been adapted and transformed into a flip book, a Daumenkino, a thumb cinema, for the first time in literary history. It takes two to four minutes to thumb through the eighteen booklets. No, you won't be able to claim you have actually read it, but you got through it alright.

The idea of a flip book is not at all far-fetched. In 1909 the Irish author James Joyce became Ireland's first cinema owner. He was living in Trieste at the time and enjoyed seeing, mostly Italian, films. The financial back-up for Joyce's project came from a number of Triestine businessmen whom he convinced by saying "that he knew 'a city of 500 000 inhabitants where there is no single cinema'"[1]. Thus, on the 20th of December, the Volta Cinema in Dublin opened its doors for the first time. The night's programme contained comedies, tragedies as well as documentaries of various kinds. Most films, according to John McCourt, "lasted no more than eight to ten minutes" and "were, of course, silent, probably with intertitles in Italian, German and French".[2]

After just two weeks Joyce himself returned to Trieste, leaving the cinema in the hands of his partners. The Volta seems to have been quite a success, at least at the beginning. Especially the film "Quo Vadis!" about the fates of early Christians in ancient Rome was much appreciated. In spite of a good press and a very promising start Joyce's cinema didn't last longer than seven months. By the time the Volta had to close its doors, more cinemas had sprung up in Ireland, and Dublin has never been "without a single cinema" again. Joyce by then was still to write his major novel, Ulysses, in which cinematographic effects, like zooms, dolly shots, montage, close-ups, fade-outs and special morphing effects can be detected.[3]

In our flip book project, The Ulysses Thumb Cinema in 18 Chapters, the artist and illustrator Stefanie Clemen and myself, writer and Joyce scholar, take up this notion of silently moving images, which Joyce found so intriguing. To us, it seemed right and somehow appropriate to create a deeply analoguous means of using one's thumb in a way that differs from the eternal and ubiquitous thumbs-up click that is expected, demanded, or indeed, begged of you whenever you enter the interweb.

But before your own thumbs have a free run on the eighteen flip books let us give you a thumbnail sketch of Joyce's life and work first. Without meaning to stretch the metaphor too far we would still claim that a special focus on Ulysses might come in handy.

James Joyce was born in Dublin in 1882. At the age of twenty he left Ireland for good and lived in Zurich, Trieste, Paris. During the second World War he returned to Zurich, where he died and lies buried. While Joyce's poems are still very much indebted to the conventions of  the 19th century his prose has always been new and bold and what we consider "modern". Joyce's collection of short stories "Dubliners", first came out in 1914 and was written while he was still living in Ireland. His first published novel is called A Protrait of the Artist as a Young Man. Its young protagonist, Stephen Dedalus, reappears in Joyce's most famous novel, Ulysses, which first came out in 1922, and, as the title suggests, was loosely based on Homer's Odyssey. This novel was followed by one last book, the puzzling, poetic and "polygluttural" Finnegans Wake, which was published as a work-in-progress and completed before Joyce died of a gastric ulcer in 1941.

But it is Ulysses we would like to focus on here. It is a novel that - just like a film or a flip book - plays with time and timing. It takes place on one single day, the 16th of June 1904, but it usually takes us longer to read or, rather struggle, through it. The book consists of 18 chapters, varying in length, style an technique. Hence there are 18 individual flip books, one for each chapter.

The young artist Stephen Dedalus is counterpointed, accompanied, protected, opposed and completed by Mister Leopold Bloom, a Jewish-Irish canvasser who is married to Molly Bloom, a singer. They have a daughter Milly, and a son, Rudy, who died in infancy. On this particular summer's day the reader follows both Stephen and Bloom on their extensive walks through the city of Dublin. Sometimes their paths cross, sometimes they miss each other by seconds, but these are chance meetings, fleeting and without too much impact on either of them. Finally, at the very end of the day, they have a real encounter, there is a minor crisis in a brothel, a rescue, a chat, an invitation, a shared coacoa and a communal pee, before Stephen walks into the night and Bloom goes to sleep. The bed is already occupied by his wife Molly who, not too long before Bloom's return, had been visited by her lover - an encounter of which Bloom is painfully aware. Molly's final stream-of-consciousness, or "Mollylogue" closes the day as well as the book. Her last, life-affirming, "yes" is hidden, echoed and anticipated in the title of the book: UlYssES.

In the first chapter, "Telemachus", we see Stephen stepping out onto the top of the Martello tower, which he shares with two other young men. The one is the "stately plump" medical student Buck Mulligan and the other is Haines, an Englishman. Buck is shaving on top of the tower, joking and mocking Stephen, who remains monosyllabic and morose.

In the second chapter, "Nestor", Stephen is depicted at the boys' school, where he works as a teacher. His students are rather unimpressed by his "riddle" of the "fox burying his grandmother under the hollybush", but the headmaster Mister Deasy pays him anyway.

In the third chapter, "Proteus", we see Stephen walking along the beach towards the city. He watches the waves changing shapes, meets a dog on the beach and sees a threemaster coming into Dublin harbour.

The fourth chapter, "Callypso", presents Mister Leopold Bloom as a lover of fried kidneys and other inner organs. In the course of the chapter he actually buys, fries and consumes a kidney and finally goes into his outhouse in order to digest it.

In the fifth chapter, "Lotos-Eaters", Bloom opens a letter by his secret pen-friend Martha, who has enclosed a dried flower. He muses about the language of flowers, and later decides to visit the Turkish Baths, envisaging his penis in the water as a "limp, languid flower".

The sixth chapter, "Hades", describes Bloom's carriage ride to Glasnevin Cemetery, where he attends the Paddy Dignam's funeral. He looks at the graves, thinks about death, the Sacred Heart and the Day of Judgement, when the dead grab their bones and entrails to get ready for resurrection. He also wonders if it wouldn't be a good idea stick grammophones into their graves, so visitors can press the button whenever they wish to hear the recorded voice of the deceased.

The seventh chapter, "Aeolus", takes place in the editorial offices of a newspaper. Bloom enters when Stephen leaves. But before he takes off Stephen tells the "Parable of the Plums" about two old Dublin vestals, who climb up Nelson's pillar, find that they are too scared to look around and sit down on the floor to spit their plum stones over the banister.

In the eighth chapter, "Lestrigonians", Bloom enters a pub, watches men devouring their food, leaves in disgust and feeds the seagulls on O'Connell Bridge. He is impressed by their flying skills and their ability to differentiate between the bun cumbs and the leaflet he throws into the river. Later in the chapter Bloom has a gorgonzola sandwich himself.

The nineth chapter, "Scylla and Charybdis", takes place in the National Library. Stephen extemporizes on his Shakespeare theory according to which Hamlet's father's ghost is actually Shakespeare himself and Hamlet is his, Shakespeare's, own son, Hamnet. Bloom and Stephen meet briefly, when Bloom looks at the statues in front of the library. Although they both know who the other one is they do not greet or acknowledge each other in any way.

The tenth chapter, "Wandering Rocks", is full of people who sometimes reappear later in the book and sometimes not. One of the former would be the limping sailor who sings on the streets and begs for money. A white woman's arm - probably Molly's - throws coins out of a bedroom window.

The eleventh chapter, "Sirens", sounds and resounds with noises functioning as musical leitmotifs. It takes place in the Ormond Hotel bar, where Bloom drinks a glass of burgundy while listening to other guests' singing. One of the two barmaids, Lydia Douce, is urged by two of her male guests to let the elastic garter of her stocking snap against her naked thigh. One of the watchers is Blazes Boylan with whom Molly will have sex later in the afternoon. Bloom knows this, which makes the situation of Bloom watching Boylan watch both piquant and painful.

The twelveth chapter, "Cyclops", features the "Citizen", an Irish nationalist and anti-semite, full of gigantic, inflated, narrow-minded pub talk. Bloom, however, remains polite and fundamentally undaunted. At the end of the episode the furious Citizen hurls a biscuit box after Bloom. He misses, and Bloom, like Odysseus, escapes, unscathed.

In the thirteenth chapter, "Nausicaa", we are back on the beach. Gerty McDowall, a dreamy young woman sits on a stone, consciously-unconsciously displaying her underwear to some dark stranger, who in fact, is Leopold Bloom. She is aware of Bloom masturbating, and he knows that she knows, even though they both pretend to look at the fireworks. When everything is over she leaves and Bloom discovers that she is "lame".

The fourteenth chapter, "Oxen of the Sun", takes place in the maternity hospital in Holles Street. Stephen and a bunch of drunken men have gathered to await the arrival of Mina Purefoy's baby. Bloom drops by, too, to ask after Mrs. Purfoy's health. A thunderstorm is brewing outside. The clouds finally burst, it starts pouring and, at long last, the baby arrives. The language of this chapter imitates and parodies the development of English literature from the middle ages till Joyce's day - a kind of linguistic mock pregnancy at the end of which stands Joyce's novel.

The fifteenth chapter, "Circe", is written as a surrealistic play, or, rather, screenplay. The setting is Bella Cohen's brothel somewhere in Dublin's redlight district. Night has fallen. One of the many hallucinatory scenes show Bloom being transformed into a female pig, while the dominatrix Bella becomes a mustached man, riding, spanking and torturing poor Bloom. Stephen and Bloom finally meet: Bloom drags the drunken Stephen outside as the latter is about to start a brawl with an English soldier.

In the sixteenth chapter, "Eumaeus", Bloom and Stephen go to a late-night bar, Cabman's Shelter, where they meet a very talkative though not entirely reliable sailor, who shows them the tattoo on his chest. It is the portrait of a young man who either smiles or looks morose, depending on how the sailor pulls his skin.

In the seventeenth chapter, "Ithaca", we are back in Bloom's kitchen, where the two men are having a hot cocoa. They talk, they go outside to pee, they shake hands and Stephen disappears into the starry night. Bloom goes upstairs to lie down next to his wife.

In the eighteenth chapter, "Penelope", Molly Bloom is half awake, musing about her life as a young girl, a wife, a mother, about the men in her life, her dead son, the day that lies behind her and the days to come.

Our series of flip books, in German Daumenkino, thumb cinema, can only give you a glimpse into Joyce's Ulysses. It can only scrape or skim the surface of this complex, funny and poetic work, and will give you merely fleeting impressions. Yet it is precisely this sense of "fleetingness" we are aiming for. The verb "to fleet" comes from Old English "fleotan" and means "to float", "flow" or "run (like a stream)". Thus it is most apt to gather a fleeting impression of a novel, whose protagonists muse about a "language of flow", speak the "four-worded wavespeech", invoke "Thalassa, Thalassa", celebrate "aquacities of thought and language" in what appears to be a never-ending "waterhymn", contemplate drowning, and, in numerous ways, allude to Odysseus, most famous, most fortunate and most unfortunate seafarer of Western literature.

Stefanie Clemen and I aimed for a deeply and lastingly fleeting impression, depicting much of the sea, the river Liffey, the beach and other elements of flow. The silently floating, flowing, running lines and images, the short tracking shots, surprising zooms and funny metamorphoses are much more than mere illustrations of a vast body of text. They are like the text itself, forever oscillating, twinkling, vibrating - an effect that only hand-drawn, analoguous illustrations can produce. Stefanie's moving ("moving" in every sense of the word) sequences remind you of the equally analogous silent movies Joyce was so fond of.

Much later, long after the publication of Ulysses, Joyce said that if the novel were ever turned into a movie he would like Charlie Chaplin to play Leopold Bloom.[4] In our Thumb Cinema Stefanie Clemen captures a faint likeness of Chaplin's features in Bloom's and thus fulfills Joyce's wish. Or rather, to quote the 8th chapter, she is "almosting it", which might be an even more appropriate way of dealing with a book in which nothing is final, nothing stops, nothing is ever fulfilled.

Speaking of fulfillment and its denial, we need to look at the erotic scenes in Ulysses, many of which employ cinematographic elements. Pornography has always been an important part of the film industry and thus of the Joyce "industry", too. A lot has written about sex, obscenety, scatology, voyeurism, syphilis, pornography, sodomy and many other kinds of erotic perversions. Investigating the infinite variations of human passions and weaknessness, vices and preferences is not just a good reason to read a book but there it a political dimension to this, too. After all, this novel had, for quite a long time, been banned and condemned for its blasphemy, obscenity and general indecency.

The films Leopold Bloom himself recalls in Ulysses are the so called "Peeping Tom"-films, with slippery titles like "What the Girl's did with Willie's Hat" or, indeed, "Peeping Tom" itself[5]. Austin Briggs shows in his brilliant essay that films in Ulysses are closely linked to erotic experiences. Besides, Katherine Mullin has pointed out that Joyce was quite familiar with another interesting film-like phenomenom, a variation of the flip book, namely, the "mutoscope"[6]. The mutoscope was a machine you could find in amusement parks, music halls and fun fairs. You had to throw money into a metal box and bend over to peep into it. The coin initiated the mechanical "flipping" of a series of photographs, very often depicting a woman taking her clothes off, dancing in the nude or semi-nude or exposing herself in some way or other.

A very concrete passage in Ulysses, in which Bloom refers directely to erotic films as well as mutsocopes can be found in the fifth chapter, the "Lotus Eaters" episode. Bloom catches sight of a woman in lace stockings but the tramcar pushes itself between Bloom and the object of his desire:

"Watch!
 Watch! Silk flash rich stockings white. Watch!
A heavy tramcar honking its gong slewed between.

Lost it. Curse your noisy pugnose. Feels locked out of it. Paradise and the peri. Always happening like that. The very moment. Girl in Eustace street hallway Monday was it settling her garter. Her friend covering the display of. Esprit de corps. Well, what are you gaping at?
-- Yes, yes, Mr Bloom said after a dull sigh. Another gone.
-- One of the best, M'Coy said.
The tram passed. They drove off towards the Loop Line bridge, her rich gloved hand on the steel grip. Flicker, flicker: the laceflare of her hat in the sun: flicker, flick."
Bloom is annoyed that the tram spoiled his pleasure. But the final flickering noises of the passage are curious. It is obvious that Bloom cannot actually hear them. They have nothing to do with the traffic or the tram. Katherine Mullin argues that the "Flicker, flicker...flicker, flick" suggests "both the shuttering of a camera and the wavering of a film reel."[7] This is utterly convincing especially with regard to the fact that the "flip book" is also called "flick book" in English. In our own flickable flip book of Ulysses we pay homage to the erotic tradition not only in "Sirens" (11), "Nausicaa" (13), but also in Circe (16) and "Penelope" (18).

Finally, we would like to dwell a little longer on the significance of the thumb in Ulysses. As early as in chapter one the young Englishman Haines is seen taking out a silver box, which he "sprang...open with his thumb" and right at the end, in the last chapter, Molly recalls how she pressed Boylan's hand with her thumb"". The thumb, in both cases, is a means of communication. Haines, in a gesture of comeraderie, offers a cigarette to Stephen Dedalus, who accepts the cigarette but rejects the offer of peace or friendship that goes with it. Haines' elegantly casual way of opening the expensive cigarette box with only a thumb seems to provoke Stephen, who feels both, inferior and superior, patronized and smarmed over.

In "Penelope", Boylan's request for sex is subtly communicated by his hand pressing Molly's and answered by Molly through her squeezing the back of his hand "with her thumb".

In Ulysses thumbs are about communication. This seems very up-to-date: Today, "to thumb someone" means "to send someone a text message". Neurologists have found out that the human brain structure has recently undergone extreme changes - especially in the area that is responsible for our thumbs. The texting and typing on mobile phones have produced a whole new set-up of synapses and neurones to meet the new motoric skills our thumbs need to acquire and actually do acquire all the time.

The thumb in Ulysses is used to point at things, which is a form of communication, too: Someone is being shown where something is. People point their thumbs "backward" over their "shoulder", Stephen "jerks" it "in the direction of the window". Sometimes, however, it is "hooked in the handle of the teapot", or stuck into one's pockets in a gesture of manly confidence. There is a "hop-of-my-thumb", a very tiny man, mentioned in the "Cyclops" episode, a chapter known for its technique of "Gigantism". But most thumbs appear in chapter 15 "Circe", admittedly the longest chapter of the book. Since it is written in the form of a drama, with dialogues, monologues and crazy stage directions, it contains much theatrical gesturing and "pantomiming" in "mute merriment", which apparently requires a certain amount of thumb action.

As a contrast to the image of the ever-moving thumb on the tiny keyboards of a mobile phone we would like to take a look at Bloom at the end of the book, at the end of the day and at the end of the 17th chapter. "In what posture", the narrating voice of the "Ithaca" episode asks, do we see Mister and Mrs Bloom resting in their marital bed? And the answer is:

"Listener: reclined semilaterally, left, left hand under head, right leg extended in a straight line and resting on left leg, flexed, in the attitude of Gea-Tellus, fulfilled, recumbent, big with seed. Narrator: reclined laterally, left, with right and left legs flexed, the index
finger and thumb of the right hand resting on the bridge of the nose, in the attitude depicted in a snapshot photograph made by Percy Apjohn, the childman weary, the manchild in the womb."

Though Bloom is asleep the phrasing of the passage implies communication: Bloom is called "narrator" and Molly "listener". Thus, even while they are asleep communication between the two spouses is continued or, at least, not severed. The circularity of communication and self-referentiality becomes visible in Bloom's posture of resting his "thumb and forefinger" on the "bridge" of his own nose, forming a connection as well as a loop while Molly rests on her side, like a horizontal eight, symbol of infinity.

Even though no rule of thumb can be applied on the use of thumbs in Ulysses there is one phenomenom we would like to look at a bit more closely, especially since it involves not only thumbs but also looking-at-thumbs. It is the old means of measuring distances through parallax. Parallax can be exemplified by stretching out your thumb and looking at it with one eye close. Open it again and close the other. The background behind your thumb seems to move. If you measure how much you could work out the distance from your eye to the background. Hence the German expression for a vague estimation, or, "guesstimation", would be the phrase "if you peer over your thumb".

With good optical equipment, however, you do no longer need your thumbs but can measure stars that are very far away by looking at closer stars from different point of views, or, even better, from the same spot but at different times of the year since the rotation of the earth will make the point of view shift accordingly. Bloom tries to explain this several times throughout the book - but never gets it quite right. Hugh Kenner has pointed out that the reader of Ulysses encounters many incidents more than once. It is true: The same scenes, people, places are described at different times and by different people but they still remain the same incidents. For example, we follow a pamphlet or flyer which Bloom crumples into a ball and throws into the river Liffey from the eight chapter to the last but one, where it finally enters the sea. Bloom sees footprints in the 13th chapter which might have been the ones Stephen left there in the third chapter. Or, maybe the most parallactic phenomenom, a cloud is noted by both Bloom and Stehphen but in different chapters of the book. Parallax is put into practice by the text itself, an insight which becomes most visible in 17th chapter of Ulysses - as well as in the 17th volume of our Thumb Cinema, where Bloom and Stephen shake hands for the first and last time.

There is one last passage in Joyce's novel in which the verb "to thumb" is used, or, to be exact, as a particple, "thumbed". And this time it is not about texting, not about judging, not about pointing, not about estimating, not about seducing and not about measuring distances. It is about a book.

A used one.

Stephen "turned and halted by the slanted bookcart." He looks at the second hand books in the cart and sees one that strikes him:

"Binding too good probably. What is this? Eighth and ninth book of Moses. Secret of all secrets. Seal of King David. Thumbed pages: read and read."

It seems to be a book full of secret knowledge, apocryphic texts, and magic recipes. Officially, there is no such thing as an "eighth and ninth book of Moses". We only know the five books of Moses that are included in the Bible. Don Gifford says in his Annotations on Ulysses that though Stephen seems to actually skim through the text of the "thumbed book" "Joyce's actual source is not known"[8]. Thus the "thumbed book" remains as much a secret as the sealed content of the book itself.

Stefanie Clemen and myself find the notion of this book as intriguing as reassuring. Of course, we like to imagine that this "thumbed book" in Ulysses prophetically points to our "thumb book" of Ulysses, our own apocryphic translation into mysteriously moving sequences of bits and pieces. The thumbed book in "Wandering Rocks" could be the justification of making our own thumb book, thumb cinema, thumb thing - not that we needed a justification, really. We would have done it anyway. For at the heart of our project lies the simple wish for Joyce's book to be "read and read". Our thumb cinema is just one flickering, flicking reading of the infinite possible readings of Ulysses.

 

 

[1] John McCourt (ed.), Joyce and Cinema, Cork: Cork University Press, 2010, Cork, p.2
[2] John McCourt, p. 5
[3] John McCourt, p.5
[4] John McCourt, p. 8
[5] Austin Briggs, '"Roll Away the Reel world, the Reel World.": "Circe" and Cinema', in Morris Beja and Shari Benstock (eds.), Coping with Joyce: Essays from the Copenhagen Saymposium, Columbus, OH: Ohio State University Press 1989, pp.145-156.
[6] Katherine Mullin, James Joyce, Sexuality and Social Purity, Cambridge: Cambridge University Press, 2003.
[7] Katherine Mullin, p. 151.
[8] Gifford, Don and Seidman, Robert J., Ulysses Annotated: Notes for JamesJoyce's Ulysses, Berkely CA, California University Press, 2008, p. 277.

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